Judith hat als femme fatale spektakuläre Auftritte in der Kunst der Neuzeit; im Mittelalter ist sie unter anderen Vorzeichen bekannt. Hier geht es um exemplarische Keuschheit und triumphierendes Gottvertrauen. Der Judithstoff wird zum Ausgangspunkt für drei zentrale Epochen von Bibeldichtungen. So profilieren die „Ältere" und die „Jüngere Judith" die frühmittelhochdeutsche Literatur und die „Judith von 1254" eröffnet die für den Deutschen Orden geschriebenen Dichtungen. Nach Luthers Empfehlung, das apokryphe Buch als beispielhafte Tragödie zu lesen, wird die biblische Judithüberlieferung schließlich zum beliebtesten Propagandastoff des Dramas von der Reformation bis zu Opitz. Das Textkorpus eröffnet damit Perspektiven auf die Bedingungen volkssprachigen Schreibens in gruppenspezifischen Literaturen vom 12. bis 16. Jahrhundert.
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