Euphemia, wortlich "die gute Rede", ist der Versuch, durch Sprache die Realitat zu manipulieren. Die Verwendung 'guter' Worte soll, zumal in rituellen Situationen, bei Gebeten oder Opferzeremonien, Gluck verheissen, die Wirklichkeit soll sich der Rede angleichen. Im Gegenzug gilt die Forderung nach euphemia jedoch auch der Abwehr der 'schlechten', ungluckverheissenden Rede, die durch die gute Rede annulliert, zum Schweigen gebracht werden soll. Das verbreitete Verstandnis dieses Phanomens als 'heiliges' oder 'andachtiges' Schweigen ist allzusehr durch christliche Vorstellungen gepragt und kann die kulturelle Reichweite der flexiblen Redeordnung, die euphemia etabliert, nicht erfassen. Im Spannungsfeld von Sprachmagie und rhetorischem Euphemismus untersucht die vorliegende Studie in literarischen und philosophischen Texten der griechischen Antike den doppelten Diskurs, den euphemia markiert: das Zugleich von Reden und Schweigen, das Verschwiegene als die andere Seite des Ausgesprochenen. Euphemia verweist somit auf die Grenze zwischen dem sozial Vertraglichen und dem gesellschaftlichen Tabu. Entlang dieser Grenze treten diejenigen kulturellen Felder in den Blick, die durch eine euphemistische Redeordnung kontrolliert und beschonigt werden mussen: der Tod, das Opfer oder die Unreinheit. Das Buch versammelt Lekturen zu Homer, Hesiod, Pindar, den Dramatikern des 5. Jahrhunderts sowie zu Platon.
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