Das 20. Jahrhundert hat unsere Kenntnis von der untergegangenen Weltreligion des Manichäismus in einem Maße vergrößert, wie das kaum für eine andere Wissenschaft der Fall ist. Erstmals traten Selbstzeugnisse des Manichäismus in umfangreichen, vielsprachigen Textzeugnissen und eindrucksvollen Kunstwerken ans Licht, in Turfan und anderen Orten an der Seidenstraße, in Ägypten und in Nordafrika. Die Erschließung und Deutung dieses reichen Materials liegt in den Händen zahlreicher Fachleute der klassischen und orientalistischen Philologien, der Religions- und Kunstwissenschaft, und sie ist noch lange nicht abgeschlossen. Um diesen Wissenschaftlern ein gemeinsames Forum zu geben, auf dem sie ihre vielfältigen Ergebnisse einander in Vortrag und Diskussion mitteilen können, werden unter der Schirmherrschaft der International Association of Manichaean Studies Konferenzen durchgeführt, deren vierte und bis dahin größte vom 14. bis 18. Juli 1997 in Berlin stattfand. In den 58 Vorträgen der Veranstaltung kamen alle Aspekte der manichäischen Lehre, Kunst und Glaubenspraxis zur Sprache - von den antimanichäischen Schriften St.Augustins bis zu den Spuren manichäischer Kultgemeinden in China, von der Philologie bis zu den schönen Künsten. Die allerneusten manichäischen Textfunde in der oberägyptischen Oase von Dakhle spielten eine besondere Rolle, und die Tatsache, dass der Kongress in Berlin stattfand, bot Gelegenheit, das Werk Isaac de Beausobres, der in Berlin die moderne Manichäismusforschung begründete, zu würdigen.
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